das große fest

"das große fest" a short story by Wolf-Peter Arand

 die wörter fließen immer langsam, und die antworten bleiben immer aus, das ist gut, besonders an jenen abenden, die unbedeutend und dumpf dahinfließen. heute nicht. heute trinken wir, ausgelassen und frei; menschen; denkend – nein; zweifelnd  - nein; immer wieder wir, immer wieder hier; an diesem ort den wir schon so lange kennen, den wir lieben und gut heißen in unserem alles verschlingenden suff. frauen, die tanzen, männer, die trinken. alles immer in einem niemals endenen kreislauf. gut und richtig sind wir heute; menschen – frei.
wir hören musik, die uns sonst nichts bedeuten würde. reden über themen, über die wir ansonsten schweigen würden. goethe: hier bin ich mensch, hier darf ich sein. nur, dass er sich dabei menschen dachte, die sich in aller öffentlichkeit paaren oder sich bis zur besinnungslosigkeit trinken, ist zu bezweifeln. Aber nicht heute; morgen vielleicht.
die menschen trinken. die menschen tanzen. die menschen lachen; aufgedreht; irre; an der grenze zur hysterie. sicher bleibt nichts, offen ist alles, das ist das spiel. anzüglich und unbeschwert, nicht ans morgen denken. gedanke ertrinken im alkohol und verschwimmen zu einem dunst, der sich an den fensterscheiben zu einer schicht aus wassertropfen destilliert. schön vielleicht; kalt und auflösend.
alle schreien und johlen; rhythmisch stampfend im takt der musik. früher war es dylan. später funk, noch später hiphop; heute electro. alle tanzen. alle trinken. alle reden. die worte und blicke fliegen durch den raum, durch seine zigarettenqualmgeschwängerte luft. flaschen zerschellen und splitter verteilen sich auf dem boden. jemand fegt, andere gaffen, wieder andere reißen dumme scherze. keiner pöbelt. das ist das gute an einer party in den eigenen vier wänden, nicht immer, aber meistens.
irgendwer ist immer der chronist dieser abende. heute bin ich es, morgen jemand anderes. die feier geht immer weiter; jemand findet sich immer; auf die eine oder andere weise. mancher schießt photos, ein anderer filmt, wieder ein anderer schreibt; ist alles eins, alles chronik, alles präservation.
es geht auf sechs. die meute löst sich mehr und mehr auf. die menschen werden müde; bald ist es vorbei. alle kehren in ihre alten leben zurück. erst ins bett und morgen dann das tägliche werk. zurück bleiben vielleicht funken aus erinnerungen, kleine augenblicke mit bekannten gesichtern; doch verfremdet und falsch, verzehrt; doch klar in ihren umrissen. man könne sich nur noch schemenhaft erinnern, ist eine faule ausrede. jeder erinnert sich; zumindest in seinem herzen. es ist die erinnerung an ein großes fest, an einen moment des beisammenseins und der trautheit miteinander, der durch nicht verloren gehen kann; nicht durch alk; nicht durch den gemeinsten hangover; er bleibt; immer. das gefühl, dass man einen moment lang mensch sein durfte, bleibt.
alles nur eine nacht. alles nur eine chance. alles nur ein gedanke.


ende

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

13.000 oder: Horscht sucht seinen Beinamen

Review "Beyond the Frontline"

Der Protest der Egoisten