das große fest
wir hören musik, die uns sonst
nichts bedeuten würde. reden über themen, über die wir ansonsten schweigen
würden. goethe: hier bin ich mensch, hier darf ich sein. nur, dass er sich
dabei menschen dachte, die sich in aller öffentlichkeit paaren oder sich bis
zur besinnungslosigkeit trinken, ist zu bezweifeln. Aber nicht heute; morgen
vielleicht.
die menschen trinken. die menschen
tanzen. die menschen lachen; aufgedreht; irre; an der grenze zur hysterie.
sicher bleibt nichts, offen ist alles, das ist das spiel. anzüglich und
unbeschwert, nicht ans morgen denken. gedanke ertrinken im alkohol und
verschwimmen zu einem dunst, der sich an den fensterscheiben zu einer schicht
aus wassertropfen destilliert. schön vielleicht; kalt und auflösend.
alle schreien und johlen; rhythmisch
stampfend im takt der musik. früher war es dylan. später funk, noch später
hiphop; heute electro. alle tanzen. alle trinken. alle reden. die worte und
blicke fliegen durch den raum, durch seine zigarettenqualmgeschwängerte luft.
flaschen zerschellen und splitter verteilen sich auf dem boden. jemand fegt,
andere gaffen, wieder andere reißen dumme scherze. keiner pöbelt. das ist das
gute an einer party in den eigenen vier wänden, nicht immer, aber meistens.
irgendwer ist immer der chronist
dieser abende. heute bin ich es, morgen jemand anderes. die feier geht immer
weiter; jemand findet sich immer; auf die eine oder andere weise. mancher schießt
photos, ein anderer filmt, wieder ein anderer schreibt; ist alles eins, alles
chronik, alles präservation.
es geht auf sechs. die meute löst
sich mehr und mehr auf. die menschen werden müde; bald ist es vorbei. alle
kehren in ihre alten leben zurück. erst ins bett und morgen dann das tägliche
werk. zurück bleiben vielleicht funken aus erinnerungen, kleine augenblicke mit
bekannten gesichtern; doch verfremdet und falsch, verzehrt; doch klar in ihren
umrissen. man könne sich nur noch schemenhaft erinnern, ist eine faule ausrede.
jeder erinnert sich; zumindest in seinem herzen. es ist die erinnerung an ein
großes fest, an einen moment des beisammenseins und der trautheit miteinander,
der durch nicht verloren gehen kann; nicht durch alk; nicht durch den
gemeinsten hangover; er bleibt; immer. das gefühl, dass man einen moment lang
mensch sein durfte, bleibt.
alles nur eine nacht. alles nur eine
chance. alles nur ein gedanke.
ende
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