“Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen.” - Zur Silent Demo vom 06.06.2020

 Polizeigewalt? Sagt sich leicht, wird dann gerne medial verneint. “Gibt es nicht”, heißt es dann schnell. Nicht in Deutschland. Schon gar nicht gegen Schwarze auf einer Demo gegen Polizeigewalt. “Die anderen sind schuld!” Natürlich. “Die Demonstranten! Die Antifa! Die Schläger! Die Chaoten!”, heißt es dann. Gerne sagt das die Bild, der AfDler, je nach Laune und Couleur auch dann noch Stimmen aus den anderen Parteien, kommt drauf an wie schlimm der Vorfall war. Wer immer alles abstreitet, sind die, die auf jeden Fall dabei waren, die Polizei. Immer die selbe Geschichte: “Der hat Flaschen geschmissen, denken wir. Also, vielleicht. Einer hat gesagt, der hat gegen unser Auto getreten. Hat irgendwer gesagt, glaube ich. Auf jeden Fall hat er sich der Verhaftung widersetzt, also, er hat gefragt, warum wir ihn festnehmen wollen, und das kann man ja nicht machen. Da haben wir ihn halt krankenhausreif geprügelt und dann für fünf Stunden ohne ärztliche Versorgung eingesperrt.”

 “Jetzt hör doch auf, Wolf!”, heißt es dann gerne. “Weißte, doch gar nicht, ob das so war. Die armen Polizisten, werden mit Flaschen beworfen. Geht doch nicht. Haben sich halt gewehrt.” Schon klar. Menschen in Kampfmontur schlagen auf Menschen in T-Shirts ein. Kann mir schon vorstellen, dass das nicht toll ist, mit deinen Kumpels in vorderster Front bei einer Demo zu stehen. So ein spacker 17-jähriger Antifa-Bengel ist da natürlich ein gefährliches Ziel. Da muss man schon mal präventiv draufhauen.
 
 “Aber es gibt ja auch gute Polizisten. Du kannst die doch nicht alle über einen Kamm scheren.” Bestimmt. Ich kenne ein paar. Aber wo sind die, wenn Menschen von Beamten brutalst verprügelt werden? Wenn sie malträtiert, beleidigt und bedroht werden? Wenn sie in Polizeigewahrsam ermordet werden? Muss ich hier wirklich die Statistiken der letzten Jahre erst auspacken, bevor das auch der letzte Relativist kapiert, dass das Machtmissbrauch ist? Muss es wirklich erst ein Video von einem Mord durch einen Polizisten geben, damit auch der letzte kapiert, dass es auch in Deutschland politisch-motivierte, rassistische und fremdenfeindliche Polizeigewalt gibt?

 “Wir haben nur unsere Pflicht getan!” “Der Vorgesetzte hat gesagt …” - All jene, die zur Polizei gegangen sind, um tatsächlich ihren Mitmenschen und ihrer Gesellschaft zu helfen: Hört endlich auf, euer verkürztes Kant-Wissen anbringen zu wollen. Es gibt keine Pflicht und kein Recht gehorchen zu müssen. Gab es schon bei Eichmann nicht und gibt es auch jetzt nicht. Ihr macht euch mitschuldig, wenn ihr nicht gegen jene Kollegen Position bezieht, die gewalttätig, antisemitisch, homophob, fremdenfeindlich oder rassistisch sind. Vielleicht kommt ihr euch wie Kameradenschweine vor. Vielleicht habt ihr Angst, wenn ihr diese Kollegen anzeigt, meldet, sichtbar macht. Aber seid euch bewußt, wenn ihr das nicht macht und dieser Kollege, diese Kollegen bringen jemanden ins Krankenhaus oder ermorden jemanden, dann seid ihr mitschuldig. Fragt euch ernsthaft, ob eure Karriere euch das wert ist. 

 Zur Polizei als Institution: Warum tust du dich eigentlich so schwer damit, mal aufzustehen und dich gerade zu machen? Sag doch einfach mal: “Ja, da hat einer, zwei, drei, 50 Beamte das total übertrieben und ich kümmere mich als Institution darum, dass diese Leute bestraft werden. Ich stehe für die Bürger und gegen Faschismus, Rassismus und Homophobie.” Das ist deine gottverdammte Pflicht. Das ist der soziale Vertrag, den wir mit dir eingegangen sind. Wir haben ein Recht darauf, dass du dich von deiner besten Seite zeigst, immer. Wenn du dazu nicht mehr in der Lage bist, weil du feige bist, weil du von Rassisten, Schlägern und opportunistischen Karrieristen unterlaufen bist, dann hast du deinen Teil des sozialen Vertrages aufgekündigt. Du kannst dann nicht mehr von uns erwarten, dass wir unseren Teil einhalten. 

 Frag dich, liebe Polizei, liebe Polizisten, lieber Polizist, lieber Politiker, liebe Politikerin - Wollen wir das?


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