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"Viva Allein!"

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Ich lasse mich auf meinen Drehstuhl fallen und schalte den Laptop an. Das leise Piepsen sagt mir, dass er startet und ich spüre, die altvertraute Galle in mir aufsteigen, der Widerstand und die Verachtung, die mich fünf Tage die Woche heimsucht wie ein Gespenst. Es hat mich eine Weile gekostet, bis ich darauf kam, was dieses flaue Gefühl im Magen zu bedeuten hatte. Doch schließlich begriff ich es: Ich hasste diesen Job. Das war keine Frage von Einstellung oder eine Phase. Es hing nicht mit aufgeblasenem Rebellentum oder versteckter Faulheit zusammen. Ich hasste diesen Job einfach. Und ich bekam immer mehr den Eindruck, dass dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte. Ich hatte kontinuierlich das Gefühl, verfolgt und beobachtet zu werden. Keiner meiner Handgriffe schien sinnvoll oder begründet. Es war Beschäftigungstherapie, Routine, die mich mit ausreichend Zeit umbringen würde. Nicht körperlich. Ich wäre noch immer da, würde herumlaufen und atmen, aber ich würde hohl

Der Penny

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Ich trage seit einer ganzen Zeit einen amerikanischen Penny in meiner Hosentasche. Was macht so einen Penny besonders, mag man da fragen. Nun, jedes Kind weiß, dass die Kleingeldmünzen der USA keine Pennys sondern Cents sind. Insofern ist ein amerikanischer Penny schon etwas Besonderes. Entscheidender als das geographische Kuriosum, ist allerdings die Geschichte, wie ich zu diesem Penny kam. Sie ist tatsächlich einzigartig und soll mich daran erinnern nicht zu lügen. In meinem Fall ist das eine heikle Angelegenheit. Sagt schließlich schon eine ganze Menge über mein Verhältnis zum Lügen aus, wenn ich ein kleines Kupferstück brauche, um mich daran zu erinnern, es nicht zu tun. Damit die Geschichte Sinn macht, muss man sich Folgendes vorstellen: Ich lüge für gewöhnlich, wo und wie ich nur kann. Wenn mich eine Frau fragt, ob sie zu dick sei, sage ich, Nein, du siehst blenden aus. Wenn mich jemand fragt, wo die-und-die Straße sei, dann erlüge ich den Weg dahin, manchmal, s

Zwei Schwestern

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Ihre Finger flitzen wie Spinnen über die Tasten ihres Laptops. Es ist schon spät, kurz vor Mitternacht. In ein paar Stunden muss sie wieder aufstehen, sich zurecht machen und ins Büro fahren. Sie ist müde, ihre Augen schmerzen schon seit Stunden und ihr Rücken kann durch kein Strecken der Welt wieder eingerenkt werden. Doch sie schluckt diese Befindlichkeiten herunter, stark will sie sein, mit einer dicken Haut. „Frage nicht lange warum, mach es so wie man es dir sagt!“ Diese Weisheit hat sie in ihrer Kindheit gelernt und diese Weisheit ist es, nach der sie lebe will. Wie jeden Abend putzt sie sich exakt für fünf Minuten die Zähne, schminkt sich sorgfältig ab, cremt ihre Haut mit einer nächtlichen Pflegesalbe ein und geht dann, nachdem sie ihren Pyjama angezogen hat, ins Bett. Es ist ein eingespielter Rhythmus, der sich seit Jahren fast unverändert wiederholt. Sie konnte sich nie an ihre Träume erinnern. Sie wunderte sich nur selten darüber, sondern tat es stets mit eine