13.000 oder: Horscht sucht seinen Beinamen

 Ein weiteres Mal in diesem Jahr befinden wir uns an einem Scheitelpunkt der Geschichte. Eine Schlüsselposition kommt dieses mal Bundesinnenminister Horscht zu. Für ihn steht viel auf dem Spiel. Nach den Skandalen und Zeugnissen seiner Unfähigkeit, die er in seiner Zeit als Bundesinnenminister nicht müde war anzuhäufen, könnte die aktuelle humanitäre Krise seine Chance sein, das Ruder doch noch herumzureißen, um nicht mit einem wenig schmeichelhaften Beinamen in die Geschichtsbücher einzugehen. Schließlich möchte er nicht mit Pippin dem Bucklige, Arnulf dem Böse, Albrecht dem Entartete oder Ludwig dem Stammler in einem Atemzug genannt werden.  
 
 Zur Sachlage: Die Frage, was mit den Flüchtlingen aus dem Lager Moria passieren soll, liegt wieder einmal auf dem Tisch. Alle beteiligten Entscheidungsträger wissen, was aus menschlicher und wertetechnischer Sicht richtig ist: Die knapp 13.000 Seelen werden auf alle Länder der EU verteilt und das nicht auf wahllose Weise, sondern in einem kontrollierten und mit gutem Augenmass bemessen Vorgang. Das ist der Idealfall. 

 Das ist der nötige Schritt, der eigentlich schon vor Monaten hätte vollzogen werden sollen. Dies ist noch nicht einmal eine links-grün versiffte Maximalforderung. Das ist ein Schritt, der mit christlich-konservativen Grundsätzen konform geht. Das ist gelebte christliche Nächstenliebe. Eigentlich tolle Voraussetzungen für Horscht zu glänzen, schließlich ist er christ-sozial. Also, gemeinsame christlich-konservative Werte beschworen und auf geht’s. Horscht der Barmherzige!

 Doch weit gefehlt. Was real-politisch geschieht, könnte nicht weiter vom Idealfall entfernt sein. 13.000 Frauen, Männer und Kinder will keiner haben. Schon gar nicht Horscht. Nachdem sie vor Krieg geflohen sind, eine lebensgefährliche Flucht hinter sich gebracht haben, in einem viel zu kleinen Lager wie Vieh eingepfercht wurden, sind sie jetzt endlich nach einem Großband, der ihre letzten paar Habseligkeiten verschlang, obdachlos. Und niemand fühlt sich zuständig, auch nicht Horscht der Fromme. 

 Die Führer des Westens, viele von ihnen Anführer christlich-konservativer Regierungen, ducken sich unter der Verantwortung weg, christliche Nächstenliebe ist Neese. Horscht läßt sich dann aber doch noch zu einem Vorschlag herab, weil man ist ja kein Untier. 150 Kinder will er aufnehmen, also, vielleicht und nur, wenn auch ein paar andere EU Länder den Großteil dieser obdachlosen Ausländer aufnehmen. Horscht der Lavierer!

 Natürlich sind Horschts Gedanken vor allem bei den besorgten Bürgern, den selbsternannten Schlüsselhütern deutscher Werte und Tugenden, mit ihrem Gott, Ehre und Vaterland Blabla, die ihre Zeit damit vertrödeln in den Sitz des Bundestags einzubrechen und sich das fünfhunderttausendste Video von Attila dem Nazikoch auf Youtube reinzuziehen. Gefangen in kleingeistiger Feigheit, die einen nur anwidern kann, lieben sie ihr Deutschland über alles. Nichts ist ihnen so wichtig, wie des Vaterlandes Ansehen. Vaterland ist toll, findet auch Horscht der Besorgte! 

 Den Mut aufzubringen, voranzuschreiten und ein Beispiel an Freiheit, Gastfreundschaft und Nächstenliebe zu sein, dass ist aber nicht drin, weil zu mühsam und außerdem stinkt das elitär-links-grün-versifft. Und Horscht versteht das gut. Stänkern und drohen kann schließlich jeder. Klar, hauen, stechen und schreien auch. Aber andere inspirieren? Verantwortung für sich und andere übernehmen? Die Angst vor dem Fremden überkommen und eine Herausforderung annehmen? Nee, lass mal, zu mühsam, kann man nicht kommunizieren, sagt Horscht der Herablassende. 

 Und ja, Deutschland spielt eine entscheidende Rolle. Selbst wer die historische Dimension, aus welchem hanebüchenen Grund auch immer, ignoriert, kommt nicht umhin anzuerkennen, dass Deutschland innerhalb Europas eine zentrale Position und Verantwortung auf allen politisch, moralisch und ökonomischen Ebenen innehat. Viele Augen und Ohren sind auf dieses Land in der Mitte Europas gerichtet. An diesem Scheitelpunkt der Geschichte schaffen wir es nun also, entweder eines Freundes Freund zu sein und Horscht den Unfähigen, den Hartherzigen, den Versager zum Teufel zu jagen, oder wir sollten uns weinend davonstehlen. 

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