Review: Black Rebel Motorcylce Club – „Specter at the Feast“
Ganz langsam und bedrohlich rollt
sie heran, die wuchtige Welle aus Flageoletts und sphärischen
Gitarrenglockentönen, dann ein schleppender Bass und ein stampfender Beat, noch
ruhig und zurückhaltend, dieses leicht gebrochene, quengelnde Organ mischt
sich darunter, ein alter Bekannter für mich. Und dann ist er auch schon vorbei,
der erste Track „Firewalker“ von „Specter at the Feast“, dem neuen Longplayer
des Black Rebel Motorcycle Club.
Über drei Jahre liegt das letzte
Stück zusammenhängender Musik des Trios aus L.A. nun schon zurück. Das damalige
„Beat the Devil’s Tattoo“ (2010) wurde nicht von allen gemocht, entsprach so
manchem nicht den Erwartungen – das ist nicht weiter wild; es gibt immer jene
die nörgeln. Ich liebte die Platte von Beginn an, sie begleitet mich seit
damals beständig und präsenter als die vorhergegangenen Alben, von dem ruhigen „Howl“
(2005) einmal abgesehen. „Specter at the Feast“ setzt in jedem Fall dort an, wo
„Beat the Devil’s Tattoo“ aufhörte, führt weiter, was bereits angedacht war,
aber noch nicht zur Ausführung kam. Verschiedene lose Enden der vergangenen 15
Jahre Bandkarriere werden aufgegriffen und neu verflochten. Es darf gesagt
werden, vieles wird (vorerst) beendet und neue Horizonte zeichnen sich ab.
Der Club der schwarzen
Lederjacken tragenden Motorradrebellen um Peter Hayes, Robert Been & Leah
Shapiro musste in den zurückliegenden Jahren viel verkraften, jüngst den
tragischen Verlust von Robert Beens Vater, Michael Been. Aus dessen Feder stammt
dann auch der zweite Track der Platte, „Let the day begin“, der als entschlossener
Ausbruch aus der Zurückgezogenheit in der sich BRMC in den letzen drei Jahren befanden, gesehen werden kann. Für
die erste Hälfte von „Specter at the Feast“ wird hier der Rumpelrockhöhepunkt
erreicht. Song drei, „Returning“, bewegt sich in hymnischen Gefilden, das ist
groß, wird größer und schwebt, immer weiter, getragen vom Schlagzeug und Bass. „Lullaby“
ist dann so luftig und entspannt, wie man es selten bis nie von BRMC gehört hat. Das ist schön, romantisch
und steht dem Trio sehr zu Gesicht.
Erst „Hate the taste“ bricht mit
der Entspanntheit. Hier kommt eine waschechte, pumpende Bluespunknummer, die
ganz viel von der entschiedenen Teenage Angst Thematik der „Baby 81“ Jahre
atmet – Höre ich da eine Reminiszenz an „Berlin“-Zeiten? – nur nicht so
ungestüm, weniger suchend, dafür mehr findend. Doch das war nur ein
Vorgeschmack für das nun folgende Feuerwerk. „Rival“ ist der Vorspann, die
Existenz und der Beweis dafür, dass sie noch immer da sind die alten Wurzeln,
der Mittelfinger für alle, die mehr auf Präsentation setzen, statt auf Sein.
Alles was dann noch steht, wird mit dem sich anschließenden „Teenage Disease“
platt gemacht. „Surprise you
got the head full of lies!“, kotzt es mir entgegen. Hier werden Rechnungen
beglichen (wie dereinst in den Anfangsjahren auf „B.R.M.C.“ und „Take them on,
on your own“), das sollte jedem Anwesenden schon nach wenigen Takten klar sein.
„I rather die!“, sind die letzten erstickenden Worte und dann der Fall in die
bodenlos düsteren Abgründe von „Howl“ – Zeiten – „Some sort of ghost“, ist ein
wahrlich gelungenes Stück düsteres Americana, ausgedörrt und staubig wie ein
Verdurstender in der Wüste.
Die E-Orgel beendet diesen Reigen
und sie ist es auch, die in den neuen Beginn einleitet. „Sometimes the light“
erhebt sich von der Schwere des Wüstenbodens und schwebt in die Höhen des
Himmels hinauf. Es ist vielleicht einer der Songs, die der geneigte Hörer eher
auf der „Let it come down“ (2001) der Gospelrockcombo Spiritualized erwarten würde. Doch BRMC beherrschen ihr Handwerk und verlieren den Hörer nicht bei
ihrem Aufstieg in die spirituell, luftigen Gospelhöhen. Schon einen Track
später mit „Funny Games“ ist sie dann wieder da, die Bedrohlichkeit und die
Enge mit der sich BRMC seit jeher umgeben.
Zynisch ist dieser Song, bitter auch auf eine gewisse Weise. Mit „Sell it“ wird
dann auch schon ein Ende eingeläutet, das konsequenter kaum hätte sein können.
Es ist die Düsternis und die kettenklirrende Klarheit, die hier regiert. Da
knarrt und kratzt, rumpelt und poltert es nur so im Midtempo, dass es eine
helle Freude ist.
Doch so stark „Sell it“ auch ist,
für mich bereitet er vor allem das große Finale vor: „Lose Yourself“ kämpft
stolze 8min und 39sek gegen den Verlust und den Schmerz an, der in dem Herzen
dieses Albums steckt und der beständig mit einer bisher im BRMC – Universum nicht gekannten Zuversicht konterkariert wird. Hieraus
speist sich eine kleine doch beständige Hoffnung. Wer nach diesem grandiosen
Abschluss „Specter at the Feast“ nicht noch ein weiteres Mal hören will, der
hat den Witz nicht verstanden. Was nicht schlimm ist. Dieses Album weiß, was es
ist, es braucht kein Klatschpublikum, keinen Trubel. Dieses Stück Musik besitzt
eine Unausweichlichkeit und Endlichkeit, die unweigerlich wieder zum Anfang
führt und in seiner Gesamtheit besitzt es keine Schwachstellen. – Das Trio des Black Rebel Motorcycle Club hat (erneut!)
eine ernstzunehmende LP geschaffen, die
sich einer Zerrissenheit des Hitsingledrucks erwehrt (Ich bin gespannt darauf das
Artwork ect. zu sehen.). Es ist Musik aus der Nacht, aus der Wüste. Trinkt
einen Whiskey dazu, raucht eine Kippe, nehmt eure Liebe in die Arme und schaut
euch an, wie nach einer durchwachten Nacht die Sonne über den Horizont steigt.
„Let the day begin.“
Band: Black Rebel Motorcycle Club
Album: Specter at the Feast
Album: Specter at the Feast
Lable: Vagrant Records 2013
Veröffentlichung: 15.März 2013
Veröffentlichung: 15.März 2013
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