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"Here's looking at you, kid"

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Der Mond bricht zwischen den Ästen hervor. Es ist spät, aber noch immer unerträglich heiß. Der Aufstieg war anstrengend und mir steht der Schweiß auf der Stirn. Die Zigaretten und der Alkohol machen sich eben doch immer deutlicher bemerkbar, vielleicht noch nicht in den Zügen meines Gesichts, aber auch das ist nur noch eine Frage der Zeit. Ich lehne meinen Kopf an die kalten Gitter, die verhindern sollen, dass sich ein Selbstmörder von hier oben herunterwirft. „Toter nach Sprung vom Hochbunker“, eine echte Schlagzeile. Sie steht neben mir, gut und klar in ihrem Kleid. Die leichte Brise bewegt ihr dunkles, schweres Haar nur unmerklich. Schön ist sie, eingehüllt vom Licht des Mondes und der Stadt, das zu uns herüber scheint und alles aufweicht, den Stahl, Beton, die Flaschen, Menschen und die Wahrnehmung. Ich frage mich, wie sie schmeckt, obwohl ich es bereits weiß und dann küsse ich sie. Menschen sind vergesslich und darum müssen sie einen Kuss immer wieder erneuern, sie mü

Temperament

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Hängt sie auf, Schießt sie ab, Davorne laufen sie Schon lange, lange. Der Wind rüttelt in Zweigen Und Blätter fallen sacht, Grün und Gelb und abdafür Wartend auf der Heide, In Bussen hupend immerfort, Die Sorgen, die nichts ahnen. Fragen bleiben Immer dort An Orten die nichts sagen. Gläser knarren, Knurrend auch In Kurven kontrovers; Converse haben Löcher Als wenn du besser wärst. Fressen die Momente Sich mit Alkohol. Was hast du Eigentlich verloren, Um niemals nur zu finden, Was immer Gleichschritt sagt, Was immer folglich folgt Und Fragen nie gebärt. Wetzt die Messer, Schnappt die Schnallen, Nur schießen sollen sie, Jacke an und raus. Mit Schmerzen in den Beinen Und einem Zittern in den Händen Steht sie dort am Hafen Und weint laut in den Wind. Temperament gewogen Und viel zu leicht gedacht. Die Wunden reichen tief Und sie werden bleiben. Es tut immer endlos weh Und Würde – Ja, Würde, War niemals leicht.

Naive Wege

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„Jeder Tag ist eine Flucht und ich weiß nicht, wie lange ich noch fliehen kann. Ich spüre die Angst in mir, die unaufhörlich wächst, die blüht und gedeiht, in der Wärme der Sicherheit, die Angst, die sich nährt an der versteckten Unsicherheit und der Furcht.“ Er hört nicht auf zu reden, schon seit Stunden nicht. Immer wieder derselbe Quatsch. Er redet über seine Freunde, über Sid und Nancy, über A. und H. über seinen Bruder, der nie wirklich sein Bruder war, seine Ex lässt er aus, aber das kostet ihn viel, ich spüre das. Jeder würde das spüren.  Dafür weiß ich am Ende der Nacht alles über seine Ängste, ich weiß alles über sein Leben, das auch nur wie eine Aneinanderreihung von Befürchtungen, Vorurteilen und Pessimismus wirkt, wenn man es herunterbrechen wollen würde. Ich will es nicht. Ich will nur nach Hause, ich will den Park und die steinerne Mauer, auf der wir sitzen, hinter mir lassen. Ich bin müde. Die Sonne geht auf und ich bin müde. Immerhin muß mir b

Der Penny

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Ich trage seit einer ganzen Zeit einen amerikanischen Penny in meiner Hosentasche. Was macht so einen Penny besonders, mag man da fragen. Nun, jedes Kind weiß, dass die Kleingeldmünzen der USA keine Pennys sondern Cents sind. Insofern ist ein amerikanischer Penny schon etwas Besonderes. Entscheidender als das geographische Kuriosum, ist allerdings die Geschichte, wie ich zu diesem Penny kam. Sie ist tatsächlich einzigartig und soll mich daran erinnern nicht zu lügen. In meinem Fall ist das eine heikle Angelegenheit. Sagt schließlich schon eine ganze Menge über mein Verhältnis zum Lügen aus, wenn ich ein kleines Kupferstück brauche, um mich daran zu erinnern, es nicht zu tun. Damit die Geschichte Sinn macht, muss man sich Folgendes vorstellen: Ich lüge für gewöhnlich, wo und wie ich nur kann. Wenn mich eine Frau fragt, ob sie zu dick sei, sage ich, Nein, du siehst blenden aus. Wenn mich jemand fragt, wo die-und-die Straße sei, dann erlüge ich den Weg dahin, manchmal, s