Rede zum 3.Oktober


"Rede zum 3.Oktober" a short story by Wolf-Peter Arand
 wir treffen uns zufällig auf einer bushaltestellenbank. so ein altes ding, auf der man sitzend warten kann bis der bus kommt, unbequem, aus metall, nicht sehr ästhetisch. er sitzt schon dort, mit frustriertem gesichtsausdruck, ein paar bögen papier in der hand. ich denke mir nichts dabei, setze mich zu ihm und warte auf den bus. eigentlich will ich doch nur meine ruhe. er will eigentlich nur jemanden der ihm zu hört. 


 EIN WICHTIGER POLITIKER - MÄNNLICH, ALT, ÜBERGEWICHTIG - HÄLT DIESE REDE ZUM TdDE. ALLES FREUT SICH.:


 „Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger,


 „Wir sind das Volk!“, so skandierte es im Herbst vor 23 Jahren durch die Straßen der DDR. Kaum ein Jahr später, am 3.10.1990, gab es, fast 45 Jahre nach der Teilung, erneut nur noch ein Deutschland. Das musste Konsequenzen haben. Nur weil die Köpfe des DDR - Regimes unvorbereitet auf die Einigung waren, heißt es nicht, dass es sich in der alten Republik anders verhielt. Nicht nur für die dann entstandenen neuen Bundesländer bedeutete der Zusammenbruch der DDR auch den Zusammenbruch des vertrauten Lebens. Auch die Belastungen der Einwohner der alten Länder wuchsen. Mit dieser steigenden Anspannung wucherten Ressentiments und Vorwürfe. Dass sich diese ausbreiten konnten, ist nicht zuletzt ein Versagen der Politik. Gewiss.


 In einer Demokratie bedeutet ein Versagen der Politik aber stets auch ein Versagen der Bürgerinnen und Bürger. Manch einer könnte nun behaupten, es wurde eine historische Chance vertan. Ich sage: „Lasst uns nach vorne schauen!“


 Viele Probleme der heutigen Zeit haben ihre Wurzeln in den Versäumnissen des Gestern: die schlechte Bildungspolitik, das flickenhafte soziale Netz, die Gefahr von Rechts, die Krise, in der sich das Projekt Europa derzeit befindet, um nur einige zu nennen. Wohin Versäumnisse und Rücksichtslosigkeiten führen können, zeigen uns die beiden großen Katastrophen des noch nicht so lange zurückliegenden Jahrhunderts: Der I. Weltkrieg und in seiner brutalen Folge der II. Weltkrieg. Die Folgen für den Westen und die ganze Welt waren desaströs und brachten die Menschheit an den Rand ihrer Menschlichkeit. Unser Verständnis von der Welt, unser Wissen über unser Wesen, war für immer verändert und ist in manchen Punkt noch bis heute traumatisiert.


 Doch die Geschichte lehrt uns auch viel Gutes. Sie lehrt uns, dass mit gemeinsamer Arbeit, mit gutem Willen und Strebsamkeit, mit Brüderlichkeit und Toleranz viel erreicht werden kann. Man denke zum Beispiel an die Erklärung der Menschenrechte, an die Eroberung des Weltraums, an die Fortschritte die durch internationale Zusammenarbeit in der Kerbs oder HIV-Forschung gemacht wurden. An die Musik und die Kunst, die Menschen vereint. An Grenzen, die geöffnet wurden und an ein Europa, das die bisher längste Friedensphase seiner Geschichte erlebt. Vieles hat sich verändert und das nicht nur zum Schlechten. So ist auch Deutschland nicht mehr das Land, das es 1945 war. Viel wurde geschafft, doch es gibt noch eine Menge zu tun. Also lernen wir aus der Vergangenheit und packen wir gemeinsam die Probleme der Gegenwart und der Zukunft an.


 Die Zukunft, das sind nicht die Greisen und die jetzt kurz vor der Rente stehenden. Die Zukunft ist die Jugend. Im Angesicht der Tatsache, dass so viele Jahre bereits zwischen der Einigung und dem Heute liegen, ist es sinnvoll, an einen alten Spruch zu erinnern: „Die Familie ist die kleinste Zelle des Staates.“ Einigen mag das noch vertraut sein. Dieser Spruch hat nichts an seiner Bedeutung eingebüßt. Erziehung zum Demokraten beginnt in der Kindheit, beginnt in der Haltung der Eltern zur Welt, in ihrem Umgang miteinander und in ihrem Verhalten zum Kind. Keine demokratische Gesellschaft kann es sich leisten, nicht danach zu streben, frei-denkende Geister hervor zu bringen.


 Ihr, liebe Bürgerinnen und Bürger, tragt die Verantwortung und wir Politiker sind euch gegenüber verantwortlich. Und wir sind uns selbst gegenüber verantwortlich, denn wir sind eben auch, und das vor allem, im Kerne Bürger. Darum sage ich: Kein Volk sollte Angst vor seiner Regierung, aber jede Regierung Angst vor seinem Volk haben. Kein Politiker, am wenigsten ein demokratisch gewählter, darf je vergessen, dass er einzig und allein ein Repräsentant des Souveräns ist. Und der Souverän muss stets das Volk sein. Für einen demokratischen Politiker heißt das, er darf nicht herrschen.


 Ein Volk, das Demokratie einfordert, darf in der Konsequenz also nicht schlafen. Es muss bereit sein, an der Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Dies beginnt in der kleinsten Zelle, in der Familie, im Kreis von Freunden. Hier kann ein jeder mitgestalten und ein jeder ist in der Lage, seinen Beitrag auf dieser Ebene zu leisten. Für manchen mag der große Komplex der globalen Politik reizvoller sein. Auch dort gibt es noch immer sehr viel Arbeit zu verrichten. Für einen jeden von uns ist in diesem Gefüge ein Platz. Wir müssen ihn nur aktiv suchen und finden.


 Um eine demokratische Gesellschaft zu formen, müssen alle mit anpacken und ein jeder ist dazu aufgerufen, seinem Nächsten offen und ehrlich gegenüber zu treten.


 Der Bürger in der Demokratie darf niemals aufhören zu fragen „Warum?“. Nur dann fallen Mauern, wie sie es im Herbst 1989 taten. Nur dann werden die Fesseln der Herrschenden wirklich abgeworfen. Wenn Menschen den Mut haben, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen, ist alles möglich. [...]“


 ich schüttel nur den kopf und wende mich ab. bin ich zu zynisch, dass ich ihm nicht glaube? bin ich zu verbittert, dass ich die worte zwar höre, sie mich aber nicht interessieren? politikverdrossenheit 2.0 - immer noch so trist wie dereinst in der 1.0 versiodn?


 ICH GLAUBE IHM NICHT, WEIL DIESE REDE NIE STATTGEFUNDEN HAT. WEIL ICH SIE ERFAND UND MIR WÜNSCHTE, DASS JEMAND SIE SO ODER ÄHNLICH GEHALTEN HÄTTE. WEIL AUCH ICH EINMAL EINEN TRAUM LEBEN WOLLTE. MEIN BEITRAG SEI MEINE EMPÖRUNG UND TIEFSTE VERACHTUNG.


 so ein quatsch. da halte ich es lieber wie Bukowski und schreibe weiter kleine geschichtchen; schwöre mir innerlich, dass ich fürderhin die finger von der großen politik lasse, die ist eh viel düsterer, versauter und extremer als alles, was sich das hirn eines schreiberlings ausspinnen kann. ehrlich. was aus diesen grauen zellen kommt, ist eh meist überdreht pathetisch und trieft vor seriösem kitsch. kann doch niemand wirklich ernst nehmen, oder?


 ACH, FICK DICH!


 ja, du mich auch, denke ich.

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